Montag, 1. April 2013

ACHTUNG! Vorwärts! Vollgas!


So, oder zumindest so ähnlich, hiess es für Tobi, Andrin, Beat und den Schreibenden letzte Woche in Annecy (Frankreich). Wer jetzt diese militärischen Worte nur schlecht in Einklang bringen mag mit der französischen Stadt nahe Genf (die Schweizer Armee tätigt ja keine Auslandeinsätze und den Franzosen den Krieg erklärt hat sie doch auch nicht), dem sie auf die Sprünge geholfen: In Annecy fanden die 2. CISM Winter World Games statt, also die militärischen olympischen Winterspiele, sozusagen. Und mit dabei war dieses Mal auch Ski-OL, neben Langlauf, Biathlon, Klettern, Short Track, Ski alpin und Skitouren laufen/fahren.


Wir hatten keine Ahnung was uns erwartete, als wir am Sonntagabend in Annecy ankamen. Schnell wurde aber klar, dass dies hier eine grössere Sache wird. Direkt bei der Ankunft wurden wir Athleten an einen Apéro gebeten an dem wir bereits die eine oder andere exotische Uniform bestaunen durften. Untergebracht waren wir etwas ausserhalb von Annecy zusammen mit allen anderen Ski-OL Läufern (immerhin 70, Frauen und Männer zusammengezählt), den Kletterern  und den „Skitoureler“.  Am folgenden Tag besuchten wir den Model Event, der, wie alle Wettkämpfe, fantastisch und perfekt organisiert war. Die französische Armee gab sich alle Mühe und scheute keinen Aufwand, ideale Wettkampfbedingungen zu bieten. Ich habe das Gefühl, den Titel der besten Armee der Welt ist bei uns Schweizern am falschen Ort…

Wir staunten ab den langlauftechnischen Qualitäten der chinesischen Läufer und zweifelten gleichzeitig an ihren kartentechnischen Fähigkeiten, als sie teilweise ratlos im Gelände standen. Aber es ist toll, waren auch diese Nationen am Start, genauso wie zum Beispiel die Marrokaner oder andere Ski-OL-mässige Exoten.

Am Abend hiess es dann das erste Mal das Tenüe A, also die Ausgangsuniform, zu erstellen um an der Eröffnungsfeier teilzunehmen. Nach längerer Wartezeit hatten wir dann einzumarschieren, eingeklemmt zwischen Schweden und der Ukraine. Naja, der Gleichschritt klappte wohl nicht ganz perfekt, aber für dies waren wir ja nicht da. Danach wurden wir Zeugen eines grossartigen Eröffnungsspektakel mit viel Musik, Tanz, Artistik, angenehm dosierten Worten und Emotionen. Zusammen mit 15000 Zuschauern genossen wir die fantastische Stimmung und erlebten eine Eröffnung die wohl olympischen Massstäben standhalten könnte. Hier erhält ihr einen Einblick, der sich wirklich lohnt: http://www.annecy2013.com/spip.php?article273

Die Mitteldistanz am Dienstag bot dann so Einiges an Herausforderungen:
Challenge Nr. 1: Wo bin ich?
Challenge Nr. 2: Wie finde ich zum Start?
Challenge Nr.3: Wie sehe ich, wo die Loipen verlaufen?
Challenge Nr. 4: Wie sehe ich ob es hinauf oder hinuntergeht?
Challenge Nr. 5: Wie fahre ich die steinhart vereisten Loipen hinunter?
Challenge Nr. 6: Wie bremse ich unten?
Challenge Nr. 7: Was wähle ich als Zielgetränk? Tee, Wasser oder Kaffee (!!)



Nun, offensichtlich war dies kein ganz normaler Ski-OL. Im Wettkampfgelände erwartete uns stockdichter Nebel. Man sah keine 5 Meter weit und Konturen sah man sowieso überhaupt gar nicht. Glücklicherweise waren die Bedingungen für alle gleich und so hatten sich alle im Blindflug zu üben. Ein starker Blindflugpilot kam dabei auch aus den Schweizer Reihen und Andrin durfte sich über den tollen 4. Platz freuen. Somit hatte die Ski-OL Delegation das erste Diplom der ganzen Schweizer Mission gewonnen. Eher bemitleidenswert war bei diesen Verhältnissen der marokkanische Läufer, der ohne Kartengestell und wohl auch ohne viel OL-Erfahrung diese diversen Herausforderungen annahm.
Mit einer stimmigen Rangverkündigung im Games Village schloss sich dieser Tag und wir waren bereit für die Staffel.

Strahlender Sonnenschein und ein recht offenes Gelände erwartete uns auf dem Hügelzug oberhalb von Annecy. Mit Andrin als stärkstem Läufer auf dem Start wählten wir eine riskante Taktik, welche sich zu Beginn auch auszahlte. Andrin konnte Tobi als Zweiten auf die Strecke schicken. Tobi büsste etwas an Terrain ein und musste die Spitze etwas davon ziehen lassen. Mit einem knappen Vorsprung wurde der Schreibende auf die Schlussstrecke geschickt. Mit einem soliden Lauf konnte ich den Franzosen und die Esten auf Distanz halten und kurz vor dem Ende sogar noch zum Finnen aufschliessen. Nach einem Sturz ganz kurz vor Schluss konnte der Finne den Posten vor mir stempeln und konnte sich dann vorne behaupten. Zur grossen Überraschung überquerte der Finne als 3. die Ziellinie (die vorne liegenden Litauer wurden disqualifiziert). So war der Ärger beim Schreiberling schon recht gross, diese Medaille so leichtfertig aus der Hand gegeben zu haben.

Mit einem 4. Rang lässt es sich aber auch leben und wir wissen, dass wir alle noch etwas Steigerungspotenzial in unseren Läufen haben und vielleicht klappt es dann eines Tages mit der Medaille.

Am Donnerstag und Freitag genossen wir die Region von Annecy für einige Trainings und einen Besuch der Wettkämpfe der Kletterer. Und dann hiess es am Freitagabend wiederum die grünen Kleider anzuziehen und uns bereit zu machen für die Abschlussfeier. Auch diese war stimmungsvoll inszeniert und ein schönes Erlebnis, wie die ganze Woche überhaupt. Die französische Armee gab sich alle Mühe, das Zuschauerinteresse war hoch und auch die Medien waren präsent. Der Kontakt und das friedliche Zusammensein der Nationen war beeindruckend und es wäre zu wünschen, dass sich auch andere Exponaten der anwesenden Länder so friedlich verhalten würden. Denn so könnte das hochgesteckte Ziel dieser ganzen CISM-Organisation erreicht werden: Friendship through sport!

Text: Sven Aschwanden, Bilder CISM Ski-O Tean

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